Interdisziplinäre Tragwerksplanung und Ingenieurholzbau
V-Form

V-Form

Herstellung unbewehrter Gewölbedecken mit geometrisch variablen pneumatischen Schalungen

Der Bausektor verursacht den Großteil der weltweiten CO2-Emissionen – rund die Hälfte sind herstellungs- und transportbedingt. Bei Gebäuden ist der Großteil dieser dem Tragwerk, insb. den Geschossdecken zuzuschreiben, die mit einem Massenanteil von ca. 40% des Gebäudes den größten Hebel für die Reduktion der Emissionen darstellen.

Beton-Gewölbedecken versprechen eine signifikante Materialreduktion - aufgrund ihrer effektiven Schalentragwirkung und Lastabtragung über Membrankräfte. Durch den Druckspannungszustand stellt sich eine gleichmäßige Spannungsverteilung über den Querschnitt ein und die Lasten können den Eigenschaften des Betons entsprechend – d.h. hohe Druckfestigkeit, geringe Zugfestigkeit - abgetragen werden. Somit können große Mengen an Baustoffen eingespart werden.

Erste Untersuchungen zu den pneumatisch bildbaren Gewölbedecken weisen auf eine Reduktion der CO2eq-Emissionen von -70% im Vergleich zu herkömmlichen Stahlbeton-Flachdecken hin. Bei Einsatz von Rezyklaten, Einbeziehung des Effekts der Karbonatisierung und reduzierten Transportemissionen können noch weitere Reduktionen erzielt werden. Durch den Druckspannungszustand kann die Schalenkonstruktion zudem ohne Stahlbewehrung ausgeführt werden, was sich positiv auf die Ökobilanz dieser Deckenelemente auswirkt, da Stahl rund 8x höhere massenbezogene Emissionswerte als Beton aufweist. Die Gewölbedecken werden somit wiederverwendbar, sortenrein rezyklierbar und die Lebenszeit des Bauteils durch Entfall des Korrosionsproblems der Bewehrung wesentlich verlängert.

Schalentragwerke sind aufgrund ihrer doppelt gekrümmten Oberfläche jedoch sehr aufwändig in der Herstellung. Dazu muss eine Schalung mit ebenso komplexer Geometrie gefertigt werden - dies ist mit hohen Herstellungsaufwand verbunden. Die Schalungen sind zudem meist nicht wiederverwendbar, nicht nachhaltig und unwirtschaftlich.

Mit dem vorliegenden Projekt sollen diese Herausforderungen gelöst werden, indem ein wiederverwendbares und geometrisch variables Schalungssystem für Gewölbedecken entwickelt wird. Dabei werden die vorteilhaften Eigenschaften pneumatischer Membranschalungen genutzt, denn diese Formen bilden – bei flachen Schalenstich - die theoretisch optimalen Schalenformen sehr nahe ab und können direkt als Schalung für Betonschalen eingesetzt werden.

Damit kann der für die Herstellung doppelt gekrümmter Betonbauteile üblicherweise hohe Schalungsaufwand reduziert werden. Die gewünschte Schalengeometrie wird durch ein sensorgesteuertes Aufblasen der Membran erreicht. Sickenartige Rippen werden durch Bespannen der Membran mit Seilen gebildet - ohne zweite Schalung. Diese Rippen verbessern das Tragverhalten bei ungünstigen asymmetrischen Lastfällen.

Durch die flexiblen Eigenschaften von Membranen wird auch die geometrisch variable Herstellung der Gewölbedecken möglich. Deckenelemente können also für variierende geometrische Anforderungen - Spannweite, Grundriss, Stich, Lagerung - mit ein und demselben Schalungssystem maßgefertigt werden. Die Schalungsmembran wird dabei nur bis zum Aushärten des Betons in der gewünschten Geometrie gehalten und steht danach für weitere Schalenformen bereit.

Mit dem Projekt V-Form soll neben der Formoptimierung der pneumatisch herstellbaren Gewölbedecken, sowie der Untersuchung der Eigenschaften hinsichtlich Bauakustik und Brandschutz insbesondere an der Herstellungsmethode geforscht werden, denn pneumatische Schalungen bieten zwar enorme Vorteile, können jedoch nur dann sinnvoll genutzt werden, wenn eine ausreichende und wiederholbare Fertigungsgenauigkeit, sowie ein geringer Arbeitsaufwand erreicht wird. Die größte Herausforderung dafür stellt die weiche und somit flexible Schalmembrane dar, da im Gegensatz zu herkömmlichen rigiden Schalungen, beim Betonieren ungewünschte Verformungen und somit Ungenauigkeiten auftreten können. Hierfür sollen im Forschungsprojekt mittels Prototypen zur Schalung, Sensorik, Pneumatik und Betontechnologie Lösungen entwickelt werden.

Wir wollen mit der Entwicklung eines wiederverwendbaren, geometrisch variablen Schalungssystems für ressourcenschonende Gewölbedecken einen Beitrag zum nachhaltigen und zirkulären Bauen liefern.

FFG Projekt Partner:

  • IAW: Interdisziplinäre Tragwerksplanung und Ingenieurholzbau
  • IAW: Bauphysik und Bauökologie
  • Forschungsbereich Baustofflehre und Werkstofftechnologie
  • non nobis

Status: laufend

Ansprechperson: Rudolf Neumerkel
rudolf.neumerkel@tuwien.ac.at

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